home > text > Gen Grenzen!

Gen Grenzen!

teper

Ein Plädoyer für die Art des Schriftstellers  oder:  Ist Schreiben Krieg gegen sich selbst?

 

<Grenzwerte>
 unterschieden unterschiedlich Gangarten

>Gängelungsweisen<  
geschoppt genossen Gänseleber

„Gänsefüßchen“
programmiert Scheitern an der Anführung

/Zoll am eigenen Maß/ 
Subjektive Verunsicherung durch objektive Sicherheitssysteme zum Prinzip, gar zur Berechtigung  der eigenen Existenz erhoben

?WortWaffe!

 Der Maghreb ist ein heiliger Vogel. Sein Leib ist Algerien, sein rechter Flügel Tunesien, sein linker Marokko. Der Maschrek ist ein weltlicher Vogel.  Sein Leib ist Israel, Libanon, Jordanien, sein rechter Flügel Iran & Irak, sein linker Ägypten. Dem Maghreb sollte der Untergang beschieden sein, dem Maschrek der Aufgang; zumindest was den Lauf der Sonne von der Erde aus gesehen anbelangt. Aber da das Heilige verweltlicht & damit das Weltliche entheiligt wurde, liegt zurzeit der Maschrek danieder. & der Maghreb steht als Pfau unbeteiligt daneben & wartet, dass  sich dieser als Phönix aus der Asche erhebe.

Wir haben begonnen, von den Himmelsrichtungen aus Grenzen zu ziehen: & wenn nicht in der Sprache, dann mit ihren Bezeichnungen: denn begonnen hat alles mit Bildern, die wir besprachen: & das Wort ist Fleisch geworden, wenn wir uns ein Bildnis gemacht & es beschrieben.

„Ein heiliger Krieg.“ „Achse des Bösen.“ „Satanische Verse.“ „nine/eleven.“

 Ich ziehe jetzt keine Grenze.
Aber ich existiere  auf der anderen Seite, dennichgehöre wohl zu jenen 90 Prozent Österreichern, die Thomas Bernhard einmal in einem Interview als geisteskrank bezeichnet hat oder gar zu jenen 99 Prozent der Weltbevölkerung, die Peter Handke erst kürzlich total krank nannte.Die restlichen 10 oder 1 Prozent spielen sich wohl über die Medien gesund, da zählt aber auch Herr Handke dazu, auch wenn ich seine Worte verwende, denke ich: die interessieren mich nichtmehr, & dennoch verkralle ich mich in diese Geistesausscheidungen, da ich noch immer das Gewicht der Welt  auf dem Buckel trage.
 - Eine Erregung? -  An den „alten Meistern“?
 Wer konnte die Scham nachvollziehen, die in mir hochstieg, als meine Französischprofessorin mir vor dreißig Jahren das Gewicht von den Schultern hob, indem sie das von mir im Französisch-Unterricht unter dem Pult geschmökerte Buch konfiszierte?, wer konnte die Verbalattacke meiner Mutter nach Lektüre Wunschloses Unglück abwehren? Hatte ich vielleicht einen Krieg gegen die Weiblichkeit angezettelt?
 - Es ist einigermaßen vermessen, jetzt mit dem Schlachtfeld „ICH“ gegen „UMWELT“ im verzogenen Maßstab gegen öffentliche Schauplätze wie Iran oder Kongo im Rücken das Wort Krieg  leichtfertig zu verwenden. Aber die Scheu, es nicht zu tun, wäre ein Kapitulieren vor der maßlosen Überheblichkeit des Menschen durch, mit & in seiner Gewalt.
 Warum nahm Peter Handke am Begräbnis von Milosevic teil?
 - Das Gewicht der Welt fiel mir dabei zurück auf den Buckel. Bis ich selber vor kurzem bei einem Verwandtschaftsbegräbnis in Deutschprodersdorf neben dem Grabstein eines Soldaten mit frisch eingehauenen, neu  versilberten SS - Runen vor dem Wort Rottenführer stand & der nachfolgenden Einladung ins Gasthaus gleichen Namens wie der Gefallene zum Leichenschmaus folgte, nachdem der eben Beerdigte in der Grabesrede eines Kameraden sich mit Rommel persönlich in Ägypten hinter einen Felsvorsprung vor Artilleriefeuer geduckt hatte. - Hätte ich nicht teilnehmen sollen oder ist dies nun die blasierte Rechtfertigung eines Provinzlers, der 1999 auf Sardinien im McKinsey – Ressort am Strand bei Hummer & Titanic-Show neben  Armani-Outfits die Bomber-Starts der NATO gegen Serbien beobachtete, am liebsten geschrieen hätte, dann nachmittags mit den Frauen der gehobenen Managerklasse Hibiskusblüten aquarellieren gegangen ist, um am Abend das 21. Jahrhundert mit einem Bombenfeuerwerk am Strand Europa kriegsfrei herbeizusehnen?
 Kürzlich hat Günter Grass seine autobiografische Zwiebel entschält & nach Jahrzehnten die eben genannte Rune versilbert & Handke nennt dies „eine Schande für das Schriftstellertum“ & “die Sprache, mit der er das betreibt, völlig verfehlt. Bei ihm kommt nichts von innen.“
 Handke rechtfertigt sich, dass es die Sprache selbst gewesen sei, die ihn nach Pozarevac zu Milosevic´ Begräbnis getrieben hätte: „Verbreitern wir die Öffnung. Auf dass die Bresche nie wieder von schlimmen oder vergifteten Worten verstopft werde. Hinaus böse Geister.“ - Dass er  dies wohl auf das sich verbreiternde Europa gemünzt hat & dem „europäischen“ Künstler in seiner Verantwortung darin einen Spiegel vorgehalten hat, mag wohl klar sein. Aber warum zettelt er Krieg gegen seinen deutschen Kollegen an? - & WER wäre dieses Phantom in europäischer Sprache, das hier Kehraus machen könnte?
 Da in Krieg & Krankheit Träume den Umraum eines Betroffenen als sicheres Bollwerk gegen die Umwelt beschreiben können, haben die Ruinen des Krieges & der  Träume im Nachhinein, nach der Genesung des Überlebenden, nach wie vor einen gewissen wehrhaften Charakter in seinem Bewusstsein, auch wenn sie ihre Nützlichkeit in Sachen Abwehr des krankhaften Organismus gegen seine offenbar gesunde Umwelt bereits getan haben. - Wie die Chinesische oder Berliner Mauer steht das Relikt eines Kampfes der kranken gegen die gesunde Seite, wobei letztlich nie klar sein wird, welche Seite den Bau hervorgebracht hat. Aber der Bau steht.
 „Wenn ich Vater wäre“, schrieb Kierkegaard, “& eine Tochter hätte, die verführt würde, sie gäbe ich keineswegs auf; aber einen Sohn, der Journalist würde, ihn sähe ich für verloren an.“
 Der Geschlechterstreit spielte heute dabei wohl keine Rolle mehr, man könnte die Rollen vertauschen.
 Aber wir wissen nach wie vor oft nicht, wie uns geschieht. Lassen geschehen; hätten aber doch  unser Werkzeug mit uns, um davon Bericht zu erstatten jenseits der Demarkationslinie des Journalismus. Tun dies aber nicht, aus welchem Grund auch immer, & auch wenn dieser Zustandsbericht explizit von Zitaten aus der Journaille lebt: man verzeihe mir.

Zurück